Start Graz Chronik Grazer Politikblog auf Youtube sieht sich als Sprachrohr für die Bürger

Grazer Politikblog auf Youtube sieht sich als Sprachrohr für die Bürger

Leben Politiker in einem Elfenbeinturm?

Insidepolitics Interview

Claudio Schiesl ist ein emsiger Youtuber wie es heutzutage so schön heißt. In seinem Youtube-Channel Inside Politics Austria nähert er sich bald der 700 Abonnenten-Marke und spricht über Themen wie die Airpower, Unterwasserrugby in der Auster und natürlich hauptsächlich über politische Themen. Dabei kann er mit seinen Videos Tausende von Aufrufen verzeichnen. Im Zuge der Nationalratswahl 2019 begleiteten wir Claudio Schiesl vom Grazer (genaugenommen GU) Politikblog inside-politics.at zu seinem Interview mit Verena Nussbaum, Abgeordnete zum Nationalrat und ehemalige Obfrau der Steirischen Gebietskrankenkasse. Wir wollten uns ansehen: Wie läuft die politische Berichterstattung von interessierten Bürgern unabhängig von traditionellen Zeitungen ab?

Was können sich unsere Leser unter „Sprachrohr der Bürger“ vorstellen?

Claudio Schiesl: Das ist als Antwort auf die Aussage „Die Medien sind das Sprachrohr der Politik“ von Landeshauptmann Hansjörg Doskozil (SPÖ-Burgenland) zu verstehen. Der Gedanke entspringt dem Kern der Inside Politics beseelt. Wir versuchen die Themen aus der Bürgersicht zu erfassen und zu dokumentieren.

Der Bürger Claudio Schiesl hat Fragen und diese stellt er nun seit Jahren der Politikern, Unternehmern, Sportlern, Künstlern und vielen anderen Personen. Daraus hat sich über die Jahre ein kleines Team entwickelt und wir haben uns immer als Bürger-Blog verstanden, der die Themen zwar redaktionell aufarbeitet, aber doch auch andere Winkel betrachtet, als es herkömmliche Medien tun.

Inside Politics will eben den Bürgern eine Stimme geben, so sind durch Fragen oder Inputs unserer Community auch Artikel entstanden und dies wird in der aktuellen Interviewreihe zu Nationalratswahl mit der eigenen Rubrik „Ask me nything“ entsprechend bedacht.

Wie ist es dazu gekommen, dass du einen politischen Blog machen wolltest?

Das war Anfang 2010, wobei das Projekt wirklich nur ein reines Hobby war, welches ich über viele Monate verteilt gelegentlich mit Themen bespielt hatte um einfach ein paar Gedanken zu veröffentlichen. Der Fokus lag damals schon stark auf politischen Themen, richtig los ging es aber erst 2013 als ich für die Nationalratswahl die nicht im Parlament vertretenen Parteien interviewt habe und ab 2014 mit wöchentlichen Beitragsveröffentlichungen begann.
Inspiriert wurde ich dabei von Neuwal.com, die Plattform hat für mich eine Vorbildfunktion eingenommen.

Bei den Interviews wiederum, wollte ich simpel zusammengefasst die Frage beantwortet haben, warum ich diese oder jene Partei wählen soll. Mit der Zeit entwickelte sich aus der Grundfrage ein richtiges Online-Magazin/Blog der mittlerweile auch fast 400 Artikel und gut 300 Videobeiträge umfasst.

Wie unterscheiden sich für dich die (regionalen) politischen AkteurInnen in Graz von denen im Parlament?

Gute Frage, weil ich glaube dass das schon auf die Position ankommt. Ein Grazer Gemeinderat ist meistens kein Vollzeitpolitiker, ein Stadtrat aber wiederum schon. Politiker auf der Landes-/Gemeindeebene sind natürlich mehr auf die jeweils regionalen oder lokalen Themen fokussiert. Von diesen Agenden sind Parlamentarier, abhängig vom Typus und der persönlichen Schwerpunktsetzung, eher entfernt. Ein Lokalpolitiker geht zu den Ausschusssitzungen, besucht Veranstaltungen und sitzt einmal im Monat im Gemeinderat. Bei Abgeordneten auf Bundes- oder EU-Ebene ist das völlig anders. Diese sind vom eigenen Wahlkreis eben durch die Entfernung nach Wien oder Brüssel abgetrennt.
Man darf die geografischen Distanzen nicht außer Acht lassen, ein Mandatar aus der Steiermark ist im Regelfall in zwei Stunden in der Bundeshauptstadt, bei einem Abgeordneten aus Vorarlberg kann die Reise sechs bis acht Stunden in Anspruch nehmen, das sind schon weite Wege die es zu bestreiten gilt.

Und auch diese müssen in der Öffentlichkeit präsent sein, denn neben den parlamentarischen Sitzungen, die von Klub- und Mitarbeiterbesprechung bis hin zur Ausschusssitzung oder einem Plenartag gehen, haben die Abgeordneten eben noch Verpflichtungen in ihren Bundesländern.

Ein Beispiel: Am Aschermittwoch habe ich etwa Othmar Karas in Brüssel interviewt, dieser kam in der Früh mit dem Flieger aus Wien, setzte sich am Vormittag in eine Debatte mit Regionaljournalisten, führte Mittags zwei Interviews, hatte dazwischen noch kurze Besprechungen, flog am Nachmittag wieder zurück nach Österreich und trat um 19:00 Uhr in Klagenfurt offiziell als Spitzenkandidat der ÖVP im EU-Wahlkampf auf.
Das ist nicht immer so, aber das Arbeitsumfeld mit dem Politiker in diesen Ebenen konfrontiert sind, ist ein völlig anderes als es etwa ein Gemeinderat in einer Ortschaft mit 5.000 Einwohnern erlebt.

Leben PolitikerInnen in einem Elfenbeinturm?

Ich habe 2014 erstmals das Parlament besucht und im Zuge eines mehrtätigen Wien-Aufenthaltes kurz vor Weihnachten, konnte ich einige Eindrücke sammeln, die sich auch mit jenen die ich EU-Parlament in Brüssel gemacht habe, decken. Beide Häuser haben eine von der Außenwelt zum Teil abgetrennte Infrastruktur und ich rede da jetzt nicht von den Ausschüssen oder den Klubräumlichkeiten, ich meine damit Dinge wie eine eigene Gastronomie oder Bankomaten, in Brüssel gibt es sogar im Parlament eine ganze Bankfiliale und Briefkästen die im Haus verteilt sind. Die Leute gehen dort in der Früh hin und können im Gebäude oder der näheren Umgebung alles was für Sie im Lebensalltag wichtig ist, selbst besorgen, ohne dass sie überhaupt das Haus verlassen müssen. Man muss aber auch darauf hinweisen, dass die Klubräumlichkeiten der Parlamentsfraktionen teilweise außerhalb des Hohen Hauses liegen, da im Gebäude selbst nicht genug Platz für alle Abgeordneten und ihre Mitarbeiter ist.

Das hat alles seine guten Gründen, zeigt aber auch dass der parlamentarische Alltag schon sehr in einer Art Elfenbeinturm und eigenen Welt abläuft. Ganz zu schweigen, dass etwa in Brüssel (gleich wie im deutschen Bundestag) jeder Abgeordneter das Recht auf einen Chauffeur hat.

Was sind deine Tipps für angehende Video-Blogger?

Zuerst einmal gute Nerven. Genau ansehen was man machen will und gut überlegen in welche Richtung es gehen soll (Professionell oder Hobby). Wichtig ist es ein Konzept zu haben, Vorlagen erstellen, die man nutzen kann um schnell Inhalte zu produzieren (Logos, Einblendungen, Intros/Outros etc.). Es ist auch wichtig zu überlegen ob man Englisch oder Deutsch als Sprache nimmt, das spielt letztendlich beim Erreichen des potentiellen Zuschauerkreises eine Rolle.

Und dann kann man darüber nachdenken ob man mehr auf Realaufnahmen setzt, diese vielleicht um Animationen ergänzt oder in Richtung besprochene Powerpoint-Folien geht. Zudem spielt auch der rote Faden eine wesentliche Rolle.

Das heißt man sollte bei einem gewissen Themengebiet wie etwa „Extremsportarten“ oder „Suppen kochen“ bleiben, so dass man sich auf ein gewisses Gebiet konzentrieren und spezialisieren kann. Auch das regelmäßige veröffentlichen von Inhalten spielt eine Rolle. Das bedeutet, dass man etwa einen fixen Tag in der Woche oder auch eine bestimmte Zeit für Veröffentlichungen bzw. für Livestreams überlegen sollte.
Das ist aber kein Muss, wird aber von den großen YouTubern empfohlen.

Es sollte jedenfalls Spaß machen, weil beim Videodrehen kann so viel schief gehen, da braucht man nicht nur eine halbwegs probate Ausrüstung sondern auch viel Humor um darüber zu stehen. Und über die ganzen rechtlichen Bestimmungen reden wir ein anderes Mal.

Bild: Verena Nussbaum im Interview mit Claudio Schiesl

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