Traumatische Erfahrungen hinterlassen tiefe Spuren – körperlich, seelisch und oft ein Leben lang. Für Menschen, die Gewalt, Missbrauch, Vernachlässigung oder Krieg erlebt haben, kann spezialisierte therapeutische Hilfe der entscheidende Schritt zurück ins Leben sein. Doch genau diese Hilfe steht in der Steiermark nun auf der Kippe: Die einzige traumaspezifische Station im Land, angesiedelt im Krankenhaus der Elisabethinen in Graz, soll laut aktuellem Strukturplan geschlossen werden.
Während psychische Erkrankungen zunehmen und der Bedarf an spezialisierter Versorgung steigt, setzt die Landesregierung auf Umstrukturierung. Der geplante Regionale Strukturplan Gesundheit 2030 (RSG 2030) sieht vor, den Schwerpunkt der psychiatrischen Versorgung bei den Elisabethinen künftig ausschließlich auf die Alterspsychiatrie zu verlagern. Das bedeutet: kein Platz mehr für Patient:innen mit komplexen Traumafolgestörungen, kein Rückzugsort für Menschen, die nach extremen Belastungen Halt suchen.
Diese Ankündigung sorgt nicht nur bei Fachleuten für Entsetzen. Eine wachsende Zahl an Betroffenen, Angehörigen und Unterstützer:innen erhebt nun ihre Stimme. Mit der Petition #TraumaStationBleibt fordern sie den Erhalt eines Angebots, das vielen als letzte Hoffnung gilt. 7.807 Menschen haben diese bereits unterzeichnet.
Was ist die Traumastation der Elisabethinen?
Die Traumastation ist eine Spezialeinheit innerhalb der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie der Elisabethinen Graz. Sie behandelt Patient:innen mit Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS), komplexer PTBS sowie psychischen Erkrankungen, die durch traumatische Erfahrungen ausgelöst wurden. Dazu zählen Depressionen, Angststörungen, psychosomatische Beschwerden oder anhaltende Trauerreaktionen.
Ein multiprofessionelles Team bietet stationäre und tagesklinische Behandlungsplätze – aktuell 12 stationäre Betten und 6 Tagesklinikplätze. Der Fokus liegt auf einer traumasensiblen, wissenschaftlich fundierten Therapie, die unter anderem Einzel- und Gruppensettings, Körper-, Musik- und Kunsttherapie sowie Sozialberatung umfasst. Besonders hervorzuheben ist die Tagesklinik am Standort Eggenberg, die derzeit ausschließlich Frauen offensteht.
Ziel der Behandlung ist es, Symptome zu lindern, Selbstwahrnehmung und Lebensqualität zu stärken und Betroffene auf dem Weg zu einem selbstbestimmten Alltag zu unterstützen.
Warum soll die Traumastation geschlossen werden?
Die Steiermärkische Landesregierung arbeitet derzeit am Regionalen Strukturplan Gesundheit 2030. Im Zuge dieser Neuausrichtung soll die psychiatrische Versorgung am Standort Graz-Mitte auf Alterspsychiatrie konzentriert werden – mit 75 Betten und 18 ambulanten Plätzen. Die traumaspezifischen Einheiten sollen dabei wegfallen.
Diese Entscheidung stößt auf scharfe Kritik. Expert:innen warnen vor einer Versorgungslücke, denn vergleichbare Einrichtungen gibt es in der Steiermark nicht. Die Nachfrage ist schon jetzt deutlich höher als das Angebot: Regelmäßig warten 50 bis 60 Personen auf einen stationären Behandlungsplatz, für Tagesklinikplätze liegt die Wartezeit bei bis zu einem Jahr.
Viele befürchten, dass andere psychiatrische Einrichtungen die spezialisierten Angebote nicht ersetzen können – weder fachlich noch strukturell. Die Traumatherapie erfordert besondere Erfahrung und interdisziplinäre Ansätze. Ihre Streichung wird daher als schwerer Rückschritt gewertet.
Um was geht es in der Petition?
Unter dem Motto „Für Menschlichkeit statt Strukturkürzungen“ fordert der Arbeitskreis Gesundheit und Pflege den Erhalt der Traumastation der Elisabethinen. Die Petition richtet sich an die steirische Landesregierung, insbesondere an Gesundheitslandesrat Dr. Karlheinz Kornhäusl (ÖVP).
Die zentrale Forderung lautet:
Die Landesregierung muss am Standort Graz-Mitte (KH der Elisabethinen) neben der notwendigen Alterspsychiatrie auch eine Versorgungseinheit für Traumafolgestörungen vorsehen, welche zumindest 8 Tagesplätze und 15 stationäre Betten aufweist.
Die Petition wird durch über 2600 persönliche Kommentare gestützt. Zahlreiche Betroffene berichten darin von ihren Erfahrungen mit der Station – etwa wie sie dort erstmals angemessen behandelt wurden oder nach langer Leidenszeit wieder Stabilität gefunden haben. Auch Fachpersonen bestätigen, dass das therapeutische Know-how dieser Einrichtung einzigartig und unersetzbar sei.
Diese Station ist für meine Enkeltochter überlebensnotwendig – im wahrsten Sinne des Wortes!
– Anita B., GrazWenn es diese Station nicht mehr gibt, können unsere Patienten nirgends mehr hin.
– Dr. Sonja L., GrazEs ist das einzige Angebot in Österreich, wo auch Patient:innen mit Dissoziationen fachgerecht behandelt werden.
– BEd Jennifer H., Graz
Ein Antrag der KPÖ im Gesundheitsausschuss des Landtags fordert inzwischen offiziell den Erhalt der Station. Ob dieser gehört wird, bleibt offen.