Die rasche Erwärmung und ein ungewöhnlich schneearmer Winter setzen den Dachsteingletschern spürbar zu. In wenigen Wochen könnte eine jahrtausendealte Eisverbindung zwischen dem Hallstätter und dem Schladminger Gletscher endgültig verschwunden sein.
Nur noch ein schmales Band aus Schnee
Unterhalb des Gjaidsteinsattels, nahe der Bergstation Hunerkogel auf rund 2.700 Metern Seehöhe, hält derzeit ein schmaler Schneestreifen die beiden Gletscher zusammen. Laut der Betriebsleitung der Dachstein-Gletscherbahn misst dieser Bereich nur noch etwa sieben Meter in der Breite und rund eineinhalb Meter in der Tiefe. Im Sommer 2024 waren es an derselben Stelle noch 30 Meter Breite und rund zwei Meter mehr Höhe.
Die Prognose ist eindeutig: In zwei bis vier Wochen dürfte das Band vollständig abgeschmolzen sein. Zum Vorschein kommen dann schroffe Felsflächen, die sich rasch erwärmen und den Eisrückgang zusätzlich beschleunigen.
Weniger Schnee als Schutzschicht
Eine der Hauptursachen für das frühe „Ausapern“ des Gletschers ist der geringe Schneefall im vergangenen Winter. Statt der üblichen acht bis zehn Meter Neuschnee wurden nur etwa zwei Meter gemessen. Normalerweise schützt eine dicke Schneeschicht das darunterliegende Eis vor direkter Sonneneinstrahlung. Fehlt sie, setzt die Schmelze deutlich früher ein – heuer rund einen Monat vor dem langjährigen Durchschnitt.
Folgen für Tourismus und Sicherheit
Der bisher präparierte Weg zwischen Bergstation und Seethalerhütte verläuft über das abschmelzende Schneeband. Sobald Felsen freiliegen, ist ein maschineller Unterhalt mit Pistengeräten nicht mehr möglich. Für Besucher ohne alpine Ausrüstung bedeutet das: Der Weg ist nur noch mit Steigeisen sicher passierbar.
Auch die Seethalerhütte selbst, die auf 2.740 Metern liegt, könnte logistische Probleme bekommen. Bisher wurden Versorgungsgüter per Fahrzeug über den präparierten Gletscherweg transportiert. Fällt dieser im Sommer weg, muss nach alternativen Transportwegen gesucht werden.
Ein Prozess, der schneller verläuft als gedacht
Glaziologen gehen davon aus, dass die Verbindung der beiden Gletscher seit etwa 3.500 Jahren besteht. Ihre Auflösung wurde zwar erwartet, jedoch nicht in dieser Geschwindigkeit. Der aktuelle Verlauf zeigt, dass die regionalen Auswirkungen des Klimawandels teils deutlich schneller eintreten, als Modelle vor einigen Jahren prognostizierten.
Mögliche Notlösungen – und ein ungewisser Winter
Seitens der Seilbahngesellschaft wird geprüft, ob über die freiliegenden Felsen eine Rampe gebaut werden könnte, um den Zugang zumindest zeitweise aufrechtzuerhalten. Ob dies umsetzbar ist, hängt auch von der Schneelage im kommenden Winter ab.
Fest steht: Selbst bei ergiebigem Neuschnee wird die natürliche Verbindung zwischen den beiden größten Gletscherflächen am Dachstein langfristig nicht mehr zurückkehren.