Start Graz Chronik Neuer Ermittlungsstand nach Amoklauf in Graz – Täter plante Tat im Detail

Neuer Ermittlungsstand nach Amoklauf in Graz – Täter plante Tat im Detail

Michael Lohnegger, Leiter des Landeskriminalamts Steiermark, informierte am 12. Juni 2025 gemeinsam mit Mag. Arnulf Rumpold von der Staatsanwaltschaft Graz über den aktuellen Stand der Ermittlungen zum Amoklauf vom 10. Juni.

Was geschah am 10. Juni in der Schule?

BORG Dreierschützengasse

Der 21-jährige betrat gegen 9:43 Uhr mit einem Rucksack voller Waffen das Schulgebäude. Über einen offiziellen Eingang gelangte er ins dritte Stockwerk, suchte dort die Toilette auf und rüstete sich aus: Er legte einen Waffengurt mit Jagdmesser an, setzte eine Schießbrille und ein Headset auf. Mit einer Pistole und einer abgesägten Flinte bewaffnet, begann er um 9:57 Uhr seinen Amoklauf, der etwa sieben Minuten dauerte.

Zuerst begab er sich ins zweite Stockwerk und feuerte wahllos auf eine fünfte Schulklasse. Danach kehrte er ins dritte Geschoß zurück, schoss die Tür eines Klassenzimmers auf und griff erneut wahllos die Anwesenden an. Anschließend zog er sich auf die Toilette zurück und beging Suizid. Die erste Polizeistreife traf um 10:06 Uhr ein – zu diesem Zeitpunkt fielen keine weiteren Schüsse.

„Aufgrund aktueller Erkenntnisse gehen wir davon aus, dass er zu den Schülerinnen und Schülern kein persönliches Verhältnis im schulischen Umfeld hatte“, erklärte Michael Lohnegger.

Eine der getöteten Lehrerinnen hatte den Täter vor seinem Schulabbruch unterrichtet. Ob dieser Umstand eine Rolle spielte, ist derzeit unklar.

Motiv für den Amoklauf bleibt weiterhin unklar

Nach der Identitätsfeststellung durchsuchten die Ermittler seine Wohnadresse. Dort fanden sie einen Abschiedsbrief und ein Abschiedsvideo, in dem sich der Täter bei seiner Familie entschuldigte – Hinweise auf ein klares Motiv gab es nicht.

Zudem entdeckten die Beamten eine nicht funktionsfähige Rohrbombe mit allen notwendigen Komponenten sowie detaillierte handschriftliche Pläne zur Tat.

Ein enger Freund des Täters beschrieb ihn als sehr introvertiert und zurückgezogen. Er soll eine große Leidenschaft für Ego-Shooter-Spiele gehabt haben. Laut seinem privaten Umfeld äußerte er nie Ärger über das schulische Umfeld.

Ab März 2025 absolvierte er fünf Schießtrainings mit einer Leihwaffe in einem Schützenverein. Anfang April erwarb er eine Schrotflinte in einem Grazer Waffengeschäft, Ende Mai eine Pistole bei einem anderen Händler. Die Waffenbesitzkarte erhielt er Mitte Mai 2025 – das dafür nötige psychologische Gutachten wurde bereits im März erstellt.

Spezielle Ermittlungsgruppe LUCTUS eingerichtet

Michael Lohnegger
Michael Lohnegger, Leiter des Landeskriminalamts Steiermark

Das Landeskriminalamt Steiermark bildete unter der Leitung von Michael Lohnegger eine eigene Ermittlungsgruppe. Diese soll alle Opfer und Zeugen befragen, vorhandene Hinweise überprüfen und Videomaterial auswerten.

Michael Lohnegger kündigte an, auch mögliche Unterstützer im Vorfeld der Tat zu ermitteln: „Außerdem werde überprüft, ob der mutmaßliche Einzeltäter im Vorfeld der Tat durch derzeit Unbekannte unterstützt worden war.“


Was die Polizei weiß: Eine Übersicht

Polizei informiert Presse

  • Täter: 21-jähriger österreichischer Ex-Schüler
  • Tatzeitraum: 09:57–10:07 Uhr
  • Waffeneinsatz: Zwei legal erworbene Schusswaffen (Glock 19 Pistole, abgesägte Doppelflinte Marke Mercure), Jagdmesser, funktionsuntüchtige Rohrbombe

Opfer:

  • Todesopfer: 10 Personen (darunter 9 Jugendliche im Alter von 14–17 Jahren, 1 Lehrperson)
  • Verletzte: 11 Personen, teils schwer
  • Täter: Suizid nach Tat, tot auf Schultoilette aufgefunden

Tathergang:

  • Täter betrat um 09:43 Uhr das Schulgebäude mit einem Rucksack
  • Beginn des Amoklaufs um 09:57 Uhr, Ende um 10:07 Uhr mit Selbstmord
  • Bewegungsroute: Toilettenanlage (Vorbereitung) → 2. Obergeschoss (erste Schüsse) → 3. OG (weitere Opfer) → versperrte 8. Klasse (Tür aufgeschossen, erneut Schüsse) → Rückkehr zu Toilette → Suizid
  • Erste Polizeistreife traf um 10:06 Uhr ein

Ermittlungen und Beweise:

  • Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen Mordes und versuchten Mordes
  • Hausdurchsuchung am 10.06.2025:
    • Funde: funktionsuntüchtige Rohrbombe, digitale Datenträger, Abschiedsbrief, Abschiedsvideo, handschriftliche Tatplanung
    • Rohrbombe hatte alle Komponenten, war aber nicht funktionstüchtig
  • Obduktionen aller Opfer durchgeführt (in Graz und mit Unterstützung aus Salzburg)
  • Waffenballistische Untersuchungen angeordnet
  • Datenträgerauswertungen und Videoanalysen laufen

Täterprofil:

  • Lebte mit seiner Mutter in der Umgebung von Graz
  • Ausbildung im Gange, Schulabbruch vor drei Jahren (6. Klasse wiederholt, dann abgebrochen)
  • Keine polizeiliche Vorstrafe
  • Introvertiert, zurückgezogen, kaum soziale Kontakte im realen Leben
  • Starke Online-Präsenz, Leidenschaft für Egoshooter-Games
  • Kein bekanntes Motiv oder Konflikte mit Schule/Lehrpersonen, abgesehen von bekanntem Kontakt zur getöteten Lehrerin (Verhältnis unklar)
  • Keine Hinweise auf emotionale Bewegung im Abschiedsvideo

Waffenbesitz:

  • Schrotflinte im April 2025 legal in Graz gekauft
  • Waffenbesitzkarte im Mai 2025 erhalten (Psychologisches Gutachten im März)
  • Pistole Ende Mai bei anderem Händler gekauft
  • Seit März 2025 fünf legale Schießübungen im Schützenverein durchgeführt

Weitere Maßnahmen:

  • Ermittlungsgruppe „Luxus“ gegründet (16 Experten, Leitung durch Kriminalpolizei Steiermark)
  • Unterstützung durch Bundeskriminalamt und andere Landesämter
  • Ziel: vollständige Aufklärung, ob Unterstützung durch Dritte erfolgte

Hinterlasse einen Kommentar

Bitte schreibe hier deinen Kommentar
Dein Name