Start Graz Chronik Mögliche Auswirkungen der Corona-Maßnahmen auf Kinder und Jugendliche

Mögliche Auswirkungen der Corona-Maßnahmen auf Kinder und Jugendliche

Der steirische Landesverband für Psychotherapie informiert, wie sich die derzeitige Situation rund um das Coronavirus auf unser Leben auswirken könnte.

Jugend Lebensstil

Ein Virus hat unser aller Leben Mitte März dieses Jahres stark beeinflusst, auch das der Kinder und Jugendlichen in unserem Land. Neben einer adäquaten Grundversorgung brauchen Kinder und Jugendliche für ein gesundes Heranwachsen und deren Entwicklung vor allem Stabilität, Sicherheit und tragende Beziehungen.

Durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie entstanden jedoch viele Unsicherheiten, Sozialkontakte wurden von heute auf morgen verboten, Kontakte zu Gleichaltrigen in Kindergärten und Schulen waren maximal online möglich. Elternteile mussten teilweise ihre Arbeit im Homeoffice verrichten, wurden zur Kurzarbeit angemeldet oder im schlimmsten Fall arbeitslos. Existenzielle Sorgen, Verunsicherung und Ängste der Eltern waren die Folge.

Mütter waren teilweise zwar zu Hause, mussten aber neben dem Homeoffice auch noch das Homeschooling und den Haushalt bewältigen. Die Mutter als eine der wichtigsten Bezugspersonen der Kinder war vielleicht angespannt und mit der neuen Situation überfordert und die Kinder bekamen nicht die Aufmerksamkeit und Zuwendung, die sie in dieser krisenhaften Zeit benötigt hätten. Um wieder ein Stück Normalität in den Alltag bringen zu können, war viel Anpassungsfähigkeit und Flexibilität gefragt. Beziehungsprobleme auf Elternebene bis hin zu häuslicher Gewalt wurden für einige Kinder spätestens in der Krisenzeit sichtbar. Diese Verunsicherungen und Ängste der Eltern haben immer auch Einfluss auf deren Kinder.

So wenig, wie die Bedrohung durch den Virus für Erwachsene fassbar ist, so schwierig ist es Kindern diese unsichtbare Gefahr mit deren Auswirkungen auf ihr Leben zu erklären. Speziell Kinder unter vier Jahren können mit Erklärungen dazu oft nur wenig anfangen. Kinder im Vorschul- und Schulalter vermissten ihre Freunde, Geschwister, Stief- und Halbgeschwister und Großeltern. Wochenlang war nicht klar, wann es zu welchen Lockerungen kommen wird. Wann dürfen Verwandte wieder besucht werden? Wann dürfen Kindergärten und Schulen wieder öffnen? Es kam zu einer Rollenunklarheit, da die Eltern zusätzlich vorübergehend die PädagogInnenfunktion übernahmen. Unklarheit erzeugt Unsicherheit.

Übergang vom Kindes- zum Erwachsenenalter ist generell eine vulnerable Zeit

Biologische Reifungsschritte in der Pubertät, noch dazu unter Steuerung verschiedener Hormone, stellen für Jugendliche und deren Eltern oftmals auch ohne eine äußere Krisensituation eine große Herausforderung dar. Autoritäten und Wertesysteme werden hinterfragt, erste sexuelle Erfahrungen werden gemacht und es kommt zu einem Ablösen vom Elternhaus. Für diesen Entwicklungsschritt braucht es ausreichend Kontakt mit Gleichaltrigen, was bedingt durch die verhängten Ausgangsbeschränkungen zumindest für einige Wochen nicht möglich war.

Selbstverständlich kann man keine verallgemeinernden Aussagen bezüglich der Auswirkungen der Corona-Maßnahmen auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen treffen, da auch immer noch andere Einflüsse, wie z. B. die individuelle psychische Widerstandskraft (Resilienz), also die Fähigkeit mit schwierigen Lebenssituationen umzugehen, die persönlichen Lebensumstände und das Bildungsniveau der Eltern usw., mitbetrachtet werden müssen. Schuldthematiken und deren Einflussnahme auf die kindliche Psyche, die sich aus den Maßnahmen ergeben können, weil Kinder als „Virenschleudern“ und somit als GefährderInnen für ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen abgestempelt werden, sind ebenso wenig außer Acht zu lassen.

Es gibt aber auch die andere Seite der Maßnahmen

So waren Kinder und Jugendliche, die zuvor in der Schule gemobbt wurden, froh, nicht in die Schule zu müssen. Manche Kinder bekamen in dieser Zeit mehr Aufmerksamkeit von ihren Eltern. Andererseits verzeichnet z. B. das Kinderschutz-Zentrum Liezen seit Anfang Mai einen rapiden Anstieg an Erstkontakten. Auswirkungen der getroffenen Maßnahmen können ein erhöhtes Risikopotential für spätere psychische Störungen oder einer möglichen posttraumatischen Belastungsstörung sein.

Wenn Sie Fragen haben, Ihnen Verhaltensänderungen und eventuell sogar Störungen bei Ihren Kindern auffallen, suchen Sie sich bitte professionelle Hilfe. Weiterführende Infos finden sich auf der Homepage der Interessensvertretung der steirischen PsychotherapeutInnen unter www.stlp.at.

Foto: ohurtsov / Pixabay

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