Graz geht neue Wege im Kampf gegen die invasive Tigermücke (Aedes albopictus). Erstmals in Österreich setzt eine Stadt auf die Sterile Insect Technique (SIT), um die Population der lästigen und potenziell krankheitsübertragenden Insekten einzudämmen. Am Heimgarten Schönau wurden dazu 125.000 sterile Tigermückenmännchen freigelassen – ein Schritt, der bisher einzigartig in Österreich ist.
Prominente Unterstützer und internationale Partner
Foto1: vlnr.: Obfrau Gertrude Miculics (Heimgartenverein Schönau), Dr. in Chantel De Beer, Thomas Wallner und Dr. in Hanano Yamada (Seibersdorf Labor GmbH) Robert Krotzer (Gesundheitsstadtrat) Dr.in Eva Winter und Erwin Wieser (Gesundheitsamt Graz), © FotoFischer
Bei der Freisetzung anwesend waren unter anderem Gesundheitsstadtrat Robert Krotzer, Dr. Eva Winter (Leiterin des Gesundheitsamtes Graz), Erwin Wieser (Stabstelle Strategischer Infektionsschutz), Obfrau Gertrude Miculics vom Heimgartenverein Schönau sowie die Expertinnen Dr. Chantel De Beer und Dr. Hanano Yamada von der Seibersdorf Labor GmbH.
Einschränkungen im Alltag durch die Tigermücke
Für viele Menschen in Graz ist die Tigermücke längst mehr als nur eine lästige Erscheinung. Gertrude Miculics berichtete, dass bereits seit 2021 im Heimgarten Schönau deutliche Beeinträchtigungen spürbar sind: Gartenarbeit werde durch die ständigen Stiche nahezu unmöglich, Aufenthalte im Freien würden zur Belastung. Schutzmaßnahmen wie Einsprühen mit Mückenschutz oder das Anzünden von Rauchquellen seien auf Dauer keine praktikable Lösung.
Innovatives Verfahren statt Chemie
Die SIT-Methode ist in Ländern wie Italien, Portugal und Zypern bereits erfolgreich im Einsatz. Ihr Prinzip: In Laboren werden männliche Tigermücken gezüchtet, von den Weibchen getrennt und durch Bestrahlung sterilisiert. Da sich weibliche Tigermücken nur einmal pro Jahr paaren, führt die Paarung mit sterilen Männchen zu unfruchtbaren Eiern. Chemische Insektizide sind nicht notwendig, da ausschließlich Männchen freigesetzt werden, die nicht stechen können.
„Neben dieser innovativen Maßnahme bleibt die Mithilfe der Bevölkerung entscheidend“, betonte Robert Krotzer. Stehendes Wasser in Regentonnen, Blumentopfuntersetzern, Gießkannen oder Vogeltränken müsse entfernt oder abgedeckt werden, um Brutstätten zu verhindern.
Wissenschaftlich begleitetes Pilotprojekt
Das Pilotprojekt umfasst zwei klar abgegrenzte Untersuchungszonen: eine Indexzone mit Aussetzung der sterilen Mücken und eine Vergleichszone ohne Aussetzung. In beiden Gebieten werden Fallen und Eiablagefallen aufgestellt, um die Wirkung der Methode exakt zu dokumentieren. Zusätzlich werden die ausgesetzten Männchen wöchentlich farblich markiert, um ihre Verbreitung zu analysieren.
„Die Tigermücke kennt keine Stadtgrenzen“, erklärte Dr. Eva Winter. „Mit diesem Projekt wollen wir nicht nur die Zahl in Graz reduzieren, sondern auch wertvolle Erkenntnisse für andere Regionen liefern.“
Erwin Wieser unterstrich, dass Anrainerinnen, Anrainer und Heimgartenvereine aktiv eingebunden werden. Die wissenschaftliche Auswertung soll zeigen, ob sich die Population um bis zu 70 Prozent verringern lässt.
Maßnahmen, die jeder umsetzen kann
Um die Tigermücke wirksam zu bekämpfen, sind einfache, aber konsequente Maßnahmen notwendig:
- Wasserstellen entfernen oder abdecken: Regentonnen, Vogeltränken, Untersetzer von Blumentöpfen und Gießkannen regelmäßig leeren oder mit Deckeln bzw. Netzen abdecken.
- Regenrinnen reinigen: Verstopfungen beseitigen, damit kein Wasser stehen bleibt.
- Gullys kontrollieren: Abflüsse auf dem eigenen Grundstück prüfen und bei Bedarf mit feinem Gitter oder Netz abdecken.
- Kleingefäße entfernen: Alte Dosen, Flaschen, Eimer oder Spielzeug im Freien entsorgen, in denen sich Wasser sammeln könnte.
- Bewässerung anpassen: Übermäßiges Wässern vermeiden, um Pfützenbildung zu verhindern.
- Regelmäßige Kontrolle: Mindestens einmal pro Woche den eigenen Garten oder Balkon auf mögliche Brutstätten prüfen.
Warum die Tigermücke ein Problem ist
Die Asiatische Tigermücke stammt ursprünglich aus Südostasien und hat sich durch den globalen Warenverkehr weltweit verbreitet. Sie gilt als potenzieller Überträger von Krankheiten wie Dengue, Chikungunya oder Zika. In Österreich tritt sie seit einigen Jahren vermehrt in urbanen Gebieten auf – vor allem in warmen Sommermonaten.
Wie geht es weiter?
Das Pilotprojekt in Graz läuft zunächst in kleinem Maßstab. Bei Erfolg soll es auf weitere Stadtteile und andere Städte in Österreich ausgeweitet werden. Die Verantwortlichen sind zuversichtlich, dass die Kombination aus innovativer Technik und aktiver Mithilfe der Bevölkerung die Tigermückenplage in den kommenden Jahren deutlich mindern kann.