Start Mobilität Aus für den „Lufthunderter“ in der Steiermark

Aus für den „Lufthunderter“ in der Steiermark

Die Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Teilstrecken der A 2 und A 9 sind mit Wirkung vom 18. April 2025 aufgehoben.

Tachometer Auto

Die steirische Landesregierung hat entschieden: Der sogenannte „Lufthunderter“ – die Tempo-100-Beschränkung auf Abschnitten der A2 und A9 – ist gefallen. Was Pendler freuen dürfte, sorgt in Umwelt- und Fachkreisen für Stirnrunzeln. Denn obwohl die Aufhebung rechtlich möglich ist, stellt sich die Frage: Ist sie auch vernünftig?

Politische Entscheidung mit langer Vorgeschichte

Vor rund einem Monat kündigte die Landesregierung die Aufhebung der Verordnung an. Nun unterzeichnet Landesrat Hannes Amesbauer die finale Aufhebung. Da es sich um einen Akt der mittelbaren Bundesverwaltung handelt, bleiben Landtag und Regierung formal außen vor – ein Detail, das zwar verfassungsrechtlich korrekt ist, aber dennoch ein schales Gefühl hinterlässt: Wie viel öffentliche Debatte war hier überhaupt möglich?

Mit der Aufhebung des Lufthunderters entlasten wir nun täglich tausende Pendler auf den Teilstrecken der A 2 und A 9. Langjährige Luftgütemessungen haben gezeigt, dass die bestehenden Grenzwerte überwiegend eingehalten werden können und die Situation durch die technische Entwicklung der Fahrzeuge immer besser wird. Wir setzen mit dieser Maßnahme unser Regierungsprogramm mit einem weiteren Schritt um.

so Landeshauptmann Mario Kunasek.

Messdaten als Argument – doch wie belastbar sind sie?

Die Regierung stützt sich auf Messdaten, die eine Einhaltung der Grenzwerte seit 2020 nahelegen. Allerdings geben selbst offizielle Stellen zu: Die derzeitigen Messstationen sind nur eingeschränkt repräsentativ. Bis Juli 2025 sollen neue Stationen entlang der A2 und A9 entstehen, die erstmals echte lokale Daten liefern – nachdem das Tempolimit bereits aufgehoben wurde.

Kritisch betrachtet: Man hebt also ein Umwelt-Schutzinstrument auf Basis von Modellierungen auf – während die eigentlichen Messungen erst später erfolgen. Was, wenn sich die Annahmen als zu optimistisch erweisen?

Ausnahme bestätigt das Problem: Feldkirchen bleibt

Brisant ist die Tatsache, dass ein Abschnitt des IG-L-100ers bleibt: Zwischen Graz Ost und Graz West, im Bereich Feldkirchen, gilt die Beschränkung weiterhin. Laut Landesregierung handelt es sich um eine eigenständige Verordnung.

Doch genau das wirft Fragen auf: Wenn es keinen Bedarf für Tempolimits mehr gibt – warum dann diese Ausnahme? Offenbar gibt es doch Orte, an denen die Luftbelastung bedenklich bleibt. Und wenn es dort so ist – könnte das nicht auch auf andere Abschnitte zutreffen, für die schlicht noch keine genauen Messdaten vorliegen?

Symbolpolitik statt Strategie?

Die Landesregierung betont, man wolle niemanden „gegeneinander ausspielen“. Doch Kritiker werfen ihr vor, dem kurzfristigen Beifall von Autofahrern Vorrang vor langfristigem Umwelt- und Gesundheitsschutz zu geben. Besonders vor dem Hintergrund der Ausnahme bei Feldkirchen wirkt das Vorgehen inkonsequent.

Die große Unbekannte: EU-Richtlinie ab 2030

Die neue EU-Luftqualitätsrichtlinie, die ab 2030 strengere Grenzwerte bringt, wird von der Regierung bewusst als „eigenes Thema“ dargestellt. Doch die Uhr tickt: Schon 2026 müssen konkrete Pläne stehen, bis 2028 sogenannte „road maps“ zur Luftreinhaltung vorliegen. Wird die heutige Entscheidung also bald wieder zurückgenommen – oder folgt der nächste Kurswechsel erst unter politischem Druck?

Fazit: Pendler profitieren, Umwelt zahlt?

Mit der Aufhebung des IG-L-100ers verfolgt die steirische Landesregierung eine klar populistische Linie. Der Nutzen für Pendler ist kurzfristig spürbar – Tempo 130 statt 100 bedeutet eingesparte Minuten. Doch langfristig droht die Gefahr, wichtige Entwicklungen im Umweltschutz zu verschlafen. Die Datenlage bleibt lückenhaft, die Umsetzung neuer EU-Vorgaben unklar, und das Vertrauen in sachlich fundierte Politik erhält Kratzer.

Die Ausnahme beim Teilstück bei Feldkirchen zwischen Graz Ost und West zeigt: Luftbelastung ist weiterhin ein Thema. Doch anstatt flächendeckend zu messen und zu analysieren, wird jetzt erst gelockert – und später vielleicht korrigiert. Verantwortung in der Umweltpolitik sieht anders aus.

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