Vier Tage arbeiten, drei Tage frei. Zwei Tage im Büro, zwei Tage im Homeoffice. Zeilen wie diese klangen noch vor ein paar Jahren wie Sätze aus einem Science-Fiction-Streifen. Doch in den letzten Jahren wurden die Forderungen nach flexibleren Arbeitszeitmodellen immer lauter. Nicht zuletzt, weil die Generation Z darauf pocht, um sich den Tag individuell strukturieren zu können, sodass Beruf und Privatleben gut miteinander vereinbar sind. Und dann kam auch noch Corona und veränderte die Spielregeln der Arbeits- und Bildungswelt erneut. Die Folge all dieser Entwicklungen: Homeoffice oder die 4-Tage-Woche sind vielerorts gekommen, um zu bleiben – auch bei Grazer Unternehmen. Und auch im Bildungssektor sind neue Trends auf dem Vormarsch.
Vorreiter aus Neuseeland
Zwei Unternehmer, die diesbezüglich als Vorreiter bezeichnet werden können, sind Andrew Barnes und Charlotte Lockhart. Sie gründeten in Neuseeland 2019 die gemeinnützige Organisation „4 Day Week Global“ mit dem Ziel, Unternehmen dabei zu unterstützen, die Arbeitszeit zu reduzieren und dabei die gleiche Bezahlung wie bei einem Vollzeitjob beizubehalten. Barnes setzte dies zunächst erfolgreich in seinem eigenen Unternehmen um und veröffentlichte sodann dazu einen Leitfaden.
Link zum Thema: Interview mit Andrew Barne (Das Neuseeland-Experiment)
Mittlerweile kooperiert die Non-Profit-Organisation mit dem Boston College und der Universität Oxford, wodurch profunde Forschungen hierzu möglich sind. Die Erkenntnisse des Projekts: Die Vier-Tage-Woche steigert nicht nur die Produktivität, sondern sorgt bei den Beschäftigten auch für mehr Zufriedenheit und eine erhöhte Lebensqualität.
Grazer Unternehmen schließen sich an
Aber man muss gar nicht erst nach Neuseeland schauen, um Pioniere in Sachen flexible Arbeitszeiten zu finden, denn auch hierzulande gehen immer mehr Unternehmen diesen Weg. So sattelte etwa die Eistee-Marke „Makava“, die ihren Sitz in Graz hat, bereits vor zehn Jahren auf eine 30-Stunden-Woche um und stellt es Mitarbeitern zudem frei, wie sie sich die Arbeitsstunden konkret auf die einzelnen Tage aufteilen. Laut den Angestellten seien die Leute so viel produktiver.
Ebenso schon vor zehn Jahren führte die „DW Tech Maschinenbau GmbH“ in Kaindorf bei Hartberg eine Vier-Tage-Woche ein. Laut dem Inhaber Wolfgang Dunst sei dies eine besondere Motivation für Mitarbeiter, die er jedem nur empfehlen kann. Eine Art „Vier-Tage-Woche light“ gibt es hingegen beim Outdoor-Bekleidungsunternehmen „Northland“, das direkt in Graz beheimatet ist. Das bedeutet: Einmal hat die eine Hälfte der Belegschaft, einmal die andere freitags frei. Laut dem Geschäftsführer sei das System mit Begeisterung angenommen worden, genauso wie die nach vorne verlegten Arbeitszeiten.
Ein weiteres Beispiel: Das Unternehmen rund um die Grazer Fahrrad-App Bike Citizens. Auch deren HR-Management betont, dass die Vier-Tage-Woche allen Mitarbeitern guttue und sich die Produktivität gesteigert habe. Man sei so gleichzeitig attraktiver für Bewerber. Ähnlich sieht es der Betreiber des Kapfenberger „Restaurants Schicker“, der seinem Team ebenso seit kurzem eine Vier-Tage-Woche anbietet und dadurch auch endlich wieder Bewerbungen auf dem Tisch liegen hat. Noch einen Schritt weiter geht Rudi Zötsch vom „Frisiersalon Ginger“ in Graz. Bei ihm ist sogar eine Drei-Tage-Woche bei voller Bezahlung möglich. Er wisse, dass sein Betrieb ein einzigartiges Konzept habe, worüber noch viele den Kopf schütteln, aber er glaube daran, dass dies der einzige Weg in die Zukunft ist.
Homeoffice ist beliebt
Eine noch viel längere Liste ließe sich von Unternehmen erstellen, die ihren Mitarbeitern mittlerweile die Möglichkeit bieten, teils oder gänzlich im Homeoffice zu arbeiten. Und laut einer Deloitte-Studie wird diese Arbeitsform nicht mehr verschwinden. Denn knapp 60 Prozent der fast 600 Befragten haben durch Homeoffice eine gestiegene Produktivität vermerkt, nur sechs Prozent hingegen einen Rückgang. Dazu beigetragen habe laut den Analysen die Tatsache, dass virtuelle Meetings meist effizienter seien, Unterbrechungen besser vermieden werden und auch Weg- und Plauderzeiten im Büro so wegfallen. Die Kehrseite der Medaille: Neue Mitarbeiter tun sich laut der Studie oft schwerer, Anschluss zu finden, wodurch insbesondere dem Stärken der Unternehmenskultur eine große Rolle zukommt.
Weiterbildung wird immer flexibler und interaktiver
Aber nicht nur die Arbeitszeiten werden immer flexibler, sondern auch Weiterbildungseinrichtungen reagieren auf gesellschaftlichen Veränderungen und aktuelle Trends. Die Folge: Es gibt zum Beispiel immer mehr Kurse, Seminare und Co., die orts- und zeitunabhängig in Anspruch genommen werden können. Auch hier liegen die Vorteile klar auf der Hand: Solche Aus- und Weiterbildungen lassen sich optimal mit dem Job und Familienleben verbinden und häufig auch von der Ferne aus nutzen. Und das spielt einem weiteren Trend in die Hände, der immer öfter von sich hören lässt: Workation, ein Begriff, der sich aus den englischen Wörtern „work“ und „vacation“ zusammensetzt. Dabei wird der Arbeitsort an einen Ort fernab der Heimat verlegt.
Eine weitere spannende Entwicklung ist die Gamification in der Bildung. Dieser Trend spielt, im wahrsten Sinne des Wortes, mit der Tatsache, dass Handy Games und Computerspiele boomen und auch bei vielen Erwachsenen nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken sind. Doch mit einem Unterschied: Während uns viele klassische Online-Spiele eher davon abhalten, produktiv zu sein, bedient sich Gamification erfolgreicher Strategien aus Spielen und überträgt diese in andere Bereiche, wie eben die Bildungssparte. Oder anders ausgedrückt: Clever programmierte Apps ermöglichen es uns heutzutage bereits, uns jederzeit spielerisch fortzubilden. Und wenn wir möchten, messen wir uns dabei auch noch mit anderen. Denn Menschen fällt es oft leichter, sich zu motivieren, wenn sie nicht nur ihren Lernfortschritt stets im Blick haben, sondern auch mit anderen um begehrte Punkte wetteifern können.